Erste-Hilfe-Kit Demo­kra­tie für Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tende (Ver­sion 1)

ein gemein­sa­mes Pro­jekt von

Poli­tics For Tomor­row, Re:Form und Ver­wal­tung für Demo­kra­tie e.V.

Das Erste-Hilfe-Kit dient als Ori­en­tie­rungs­hilfe für Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tende, die sich in ihrer Arbeit mit Wei­sun­gen, einem Arbeits­um­feld oder Ent­wick­lun­gen kon­fron­tiert sehen, die gel­ten­des Recht oder demo­kra­ti­sche Grund­prin­zi­pien infrage stel­len. Diese Situa­tio­nen kön­nen ver­un­si­chern und stres­sig sein. Mög­li­cher­weise ein Gefühl von Druck, Iso­la­tion und auch Sor­gen um die eigene Kar­riere und damit Exis­tenz­grund­lage aus­lö­sen. All das ist nach­voll­zieh­bar. Du bist im Zwei­fel nicht die*der Ein­zige, der*dem es so geht. Des­halb ist unser Rat und Credo des Ver­eins: Bleibt nicht allein, schafft Ver­trau­ens­räume mit ande­ren und ermu­tigt Euch gegenseitig.

Im Fol­gen­den wer­den Hand­lungs­spiel­räume auf­ge­zeigt, recht­li­che Grund­la­gen dar­ge­stellt und Netz­werke vor­ge­stellt, die Unter­stüt­zung bieten.

Ziel ist es, nicht nur das Bewusst­sein für die eige­nen Rechte und Pflich­ten zu stär­ken, son­dern auch kon­krete Hil­fe­stel­lun­gen für den Umgang mit her­aus­for­dern­den Situa­tio­nen zu geben. So wol­len wir die frei­heit­lich demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung unse­rer Gesell­schaft lang­fris­tig stärken.

Das Erste-Hilfe-Kit ist ein Werk­zeug­kof­fer und beinhal­tet zum einen Grund­prin­zi­pien der Arbeit im öffent­li­chen Dienst und Hin­weise auf die Rechts­lage. Zum ande­ren fin­den sich im Anhang ver­schie­dene Check­lis­ten zu den ein­zel­nen The­men mit Pra­xis­tipps, Recht­spre­chung, wei­ter­füh­ren­den Inter­net­res­sour­cen und kon­kre­ten Bei­spie­len, um direkt ins Han­deln zu kommen.

Vie­len Dank an den Gegen­rechts­schutz, Frag­Den­Staat, die Gesell­schaft für Frei­heits­rechte und den Ver­fas­sungs­blog für eure Unter­stüt­zung bei der Erar­bei­tung des Erste-Hilfe-Kits!

Die Inhalte des Erste-Hilfe-Kits basie­ren auch auf aktu­el­ler Recht­spre­chung und kom­ple­xen Sach­ver­hal­ten. Gesetze und Aus­le­gung kön­nen sich ändern und fort­ent­wi­ckeln, neue Pro­blem­stel­lun­gen und Ver­än­de­run­gen im Arbeits­all­tag kön­nen hinzu kom­men. Wir wer­den ver­su­chen, auf sol­che Ent­wick­lun­gen ein­zu­ge­hen und das Kit jeweils zeit­nah zu aktua­li­sie­ren. Gerne neh­men wir von euch Hin­weise und Feed­back auf (info@verwaltung-fuer-demokratie.de), wo aus eurer Sicht Ände­rungs­be­darf besteht oder es etwas Neues gibt, was wir ins Kit auf­neh­men kön­nen. Die aktu­elle Ver­sion ist Ver­sion 1.

Gerne darf das Erste-Hilfe-Kit unter der Lizenz https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0 [Ver­wal­tung für Demo­kra­tie e.V.] ver­wen­det und ver­viel­fäl­tigt werden.

Grund­prin­zi­pien

Ver­fas­sungs­treue

Ver­fas­sungs­treue

Der Schutz der demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung ist das oberste Prin­zip und ver­pflich­tet alle Mit­ar­bei­ten­den der öffent­li­chen Ver­wal­tung. Ver­fas­sungs­treue hat Vor­rang vor dem Neutralitätsgebot.

Neu­tra­li­täts­ge­bot

Neu­tra­li­täts­ge­bot

Das par­tei­po­li­ti­sche Neu­tra­li­täts­ge­bot soll eine gerechte Amts­füh­rung sicher­stel­len – unab­hän­gig von poli­ti­schen Ein­flüs­sen. Es bedeu­tet nicht, dass man sich nicht gegen Rechts­extre­mis­mus und andere ver­fas­sungs­feind­li­che Ten­den­zen offen stel­len und spre­chen darf!

Grund­rechte und Dienstpflichten

Grund­rechte und Dienstpflichten

Für die Amts­aus­übung, den inner­dienst­li­chen Bereich und den pri­va­ten Bereich gel­ten unter­schied­li­che Regeln. Eine klare Abgren­zung ist ent­schei­dend, um Pflich­ten und Rechte aller Beschäf­tig­ten rechts­si­cher wahr­zu­neh­men. Zwi­schen Grund­rech­ten und Dienst­ver­hält­nis kann ein Span­nungs­ver­hält­nis bestehen. Beamt*innen sind Grundrechtsträger*innen, aber kön­nen sich wäh­rend der Amts­füh­rung nicht unein­ge­schränkt auf diese beru­fen (z.B. Art. 5 GG Mei­nungs­frei­heit und Mäßi­gungs­ge­bot sowie par­tei­po­li­ti­sche Neutralität).

Par­tei­po­li­ti­sche Arbeit im Amt ist verboten

Par­tei­po­li­ti­sche Arbeit im Amt ist verboten

Beschäf­tigte im öffent­li­chen Dienst müs­sen ihre Ent­schei­dun­gen am Sach­lich­keits­ge­bot und Will­kür­ver­bot aus­rich­ten. Sie erfül­len ihre Auf­ga­ben unpar­tei­isch, beken­nen sich aber zu den Ver­fas­sungs­wer­ten und tre­ten aktiv für die frei­heit­lich-demo­kra­ti­sche Grund­ord­nung ein.

Mäßi­gungs­ge­bot

Mäß­gigungs­ge­bot

Beamt*innen und Beschäf­tigte müs­sen sich bei poli­ti­schen Äuße­run­gen in Zurück­hal­tung üben, um das Ver­trauen in eine unpar­tei­ische Ver­wal­tung zu wah­ren. Das Gebot ergibt sich aus dem beson­de­ren Treue­ver­hält­nis bei Beamt*innen, betrifft aber auch alle ande­ren Beschäftigten.

Remons­tra­ti­ons­pflicht

Remons­tra­ti­ons­pflicht

Beamt*innen sind ver­pflich­tet, recht­li­che Beden­ken gegen Wei­sun­gen unver­züg­lich ihren Vor­ge­setz­ten mit­zu­tei­len. Für Tarif­be­schäf­tigte gel­ten arbeits­recht­li­che Schutz­me­cha­nis­men, die ähn­li­che Hand­lungs­mög­lich­kei­ten eröffnen. 

Hin­weis­ge­ber­schutz

Hin­weis­ge­ber­schutz

Schutz­me­cha­nis­men für Hinweisgeber*innen sind gesetz­lich ver­an­kert. Mel­dun­gen von Geset­zes­ver­stö­ßen sind für alle Beschäf­tig­ten recht­lich abgesichert.

Check­lis­ten

Check­liste Schnellstart

  1. Hal­tung klä­ren: Deine Ver­ant­wor­tung zählt!
  • Du bist ver­pflich­tet zu rechts­staat­li­chem, ver­fas­sungs­kon­for­men Verwaltungshandeln.
  • Du hast Ein­blick, du siehst, was geschieht – das ist ein Pri­vi­leg und eine Ver­ant­wor­tung zugleich.
  • Sei mutig – für Men­schen­würde, Rechts­staat und Demokratieprinzip.
  1. Ein­stieg ins Thema
  • Emp­feh­lung: „Macht­über­nahme“ von Arne Sems­rott (Buch oder kos­ten­freies Hör­buch auf Spo­tify) – ins­be­son­dere das Kapi­tel mit Tipps für Beschäf­tigte im öffent­li­chen Dienst sowie das “Thü­rin­­gen-Pro­­jekt” des Ver­fas­sungs­blogs https://verfassungsblog.de/thuringen-projekt/ 
  1. Rich­tig ver­hal­ten im Zweifel
  • Doku­men­tiere, was du beobachtest.
  • Keine Feh­ler machen:
    • Keine Gesprä­che heim­lich aufzeichnen
    • Daten­schutz beachten
    • Ver­schwie­gen­heits­pflich­ten einhalten
  • Im Zwei­fel: Juris­ti­schen Rat ein­ho­len (Anwält*innen, Gewerk­schaf­ten, Vertrauenspersonen).
  1. Unter­stüt­zung suchen
  • Nutze interne Ansprech­stel­len und Antikorruptionsbeauftragte.
  • Akti­viere Deine Netz­werke – spre­che mit Kolleg*innen.
  • Nicht alleine blei­ben! Zusam­men­ste­hen schützt.
  1. Wenn intern nichts geht:
  • Nutze das Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz (HinSchG) – wende Dich an Meldestellen.
  • Letzte Optio­nen:
    • Krank­schrei­bung, wenn die Belas­tung zu hoch wird
    • Ver­set­zungs­an­trag stellen

Check­liste Neutralitätspflicht

Die Neu­tra­li­täts­pflicht ver­pflich­tet Beschäf­tigte im öffent­li­chen Dienst dazu, ihre Auf­ga­ben unpar­tei­isch und gerecht zu erfül­len  und ihr Amt zum Wohl der All­ge­mein­heit zu führen.

Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 des Bun­des­be­am­ten­ge­set­zes (BBG) / § 33 Beam­ten­sta­tus­ge­setz (BeamtStG) die­nen Beamt*innen dem gan­zen Volk, nicht einer Partei.

💡 Kern­bot­schaft: 

Poli­ti­sche Neu­tra­li­tät stärkt das Ver­trauen in den Rechts­staat und eine ver­läss­li­che Ver­wal­tung. Sie gilt für Beamt*innen sowie (mit gewis­sen Abschwä­chun­gen) für  Ver­wal­tungs­an­ge­stellte, wel­che dem Gemein­wohl ver­pflich­tet sind. 

✅ Erlaubt

Bei poli­ti­schem Enga­ge­ment außer­halb des Diens­tes ist zu beachten:

  • Klare Tren­nung zwi­schen pri­va­ten Äuße­run­gen und sol­chen mit Amtsbezug
  • Auch im Dienst darf und soll eine Hal­tung der Gleich­be­hand­lung und Ver­fas­sungs­treue sen­dungs­be­wusst nach außen getra­gen werden

Bei­spiele: 

  • Ein*e Verwaltungsbeamt*in bear­bei­tet Anträge unab­hän­gig von der poli­ti­schen Gesin­nung der Antragstellenden.
  • Ein*e Lehrer*in behan­delt poli­ti­sche The­men im Unter­richt sach­lich fun­diert und im Sinne der frei­heit­lich demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung ohne par­tei­po­li­ti­sche oder poli­ti­sche Beein­flus­sung (Über­wäl­ti­gungs­ver­bot) und stellt kon­tro­verse The­men als sol­che dar (Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot). Poli­ti­sche Ent­halt­sam­keit ist nicht gefor­dert. Auch Lehrer*innen dür­fen eine poli­ti­sche Hal­tung haben und eine Mei­nung ver­tre­ten, soll­ten diese aber als eine sol­che kennzeichnen.

❌ Nicht erlaubt

  • Par­tei­po­li­ti­sche Betä­ti­gung im Dienst.
  • Nut­zung dienst­li­cher Res­sour­cen für poli­ti­sche Zwecke
  • Teil­nahme an ver­fas­sungs­feind­li­chen Aktionen
  • Den Ein­druck erwe­cken, als Beamte*in offi­zi­ell für eine Par­tei zu sprechen
  • Öffent­li­che par­tei­po­li­ti­sche Äuße­run­gen, die das Ver­trauen in die Neu­tra­li­tät des öffent­li­chen Diens­tes beein­träch­ti­gen könnten
  • Amts­au­tori­tät für poli­ti­sche Zwe­cke nutzen

Bei­spiele:

  • Ein*e Polizeibeamt*in hält wäh­rend einer Demons­tra­tion in Uni­form eine Rede für eine poli­ti­sche Par­tei. Dies könnte den Ein­druck erwe­cken, dass sie*er in sei­ner dienst­li­chen Funk­tion für diese Par­tei ein­tritt und würde somit das Ver­trauen in seine*ihre Neu­tra­li­tät untergraben. 
  • Ein*e Lehrer*in, die im Unter­richt eine Wahl­emp­feh­lung für eine Par­tei gibt.

Check­liste Verfassungstreue

Die Pflicht zur Ver­fas­sungs­treue ver­langt von Beschäf­tig­ten im öffent­li­chen Dienst, sich durch ihr gesam­tes Ver­hal­ten zur frei­hei­t­­lich-demo­­kra­­ti­­schen Grund­ord­nung im Sinne des Grund­ge­set­zes zu beken­nen und für deren Erhalt ein­zu­tre­ten. Diese Ver­pflich­tung ist in § 60 Abs. 1 Satz 3 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) / § 33 Beam­ten­sta­tus­ge­setz ( BeamtStG) verankert.

💡 Kern­bot­schaft:

Ver­fas­sungs­treue bedeu­tet mehr als sich an Gesetze zu hal­ten – Beamt*innen müs­sen aktiv für die Demo­kra­tie ein­tre­ten und ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen zurück­wei­sen. Auch außer­halb des Dienstes.

ℹ️ Was ist die frei­hei­t­­lich-demo­­kra­­ti­­sche Grund­ord­nung (FDGO)?

Die FDGO ent­hält nach der Defi­ni­tion des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG):

  • Men­schen­würde (“die Wah­rung per­so­na­ler Indi­vi­dua­li­tät, Iden­ti­tät und Inte­gri­tät sowie die ele­men­tare Rechtsgleichheit”)
  • Demo­kra­tie­prin­zip (“Mög­lich­keit gleich­be­rech­tig­ter Teil­nahme aller Bürgerinnen und Bürger am Pro­zess der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung und die Rückbindung der Ausübung der Staats­ge­walt an das Volk”) 
  • Rechts­staat­lich­keit (“Rechts­bin­dung der öffent­li­chen Gewalt und die Kon­trolle die­ser Bin­dung durch unab­hän­gige Gerichte”)

✅ Muss (Es geht nicht um “Erlaub­nis zu” son­dern ein “Muss”!)

  • Im Dienst FDGO-kon­­­forme Werte vertreten
  • Ver­fas­sungs­feind­li­che Ten­den­zen erken­nen und nicht unterstützen.
  • Nicht schwei­gen, son­dern auf der Sach­ebene Kri­tik üben, wenn demo­kra­ti­sche Prin­zi­pien ange­grif­fen werden.
  • Dienst­li­che Ent­schei­dun­gen immer an den Grund­wer­ten des GG ausrichten.

Bei­spiele:  

  • Ein*e Beamt*in äußert sich kri­tisch über extre­mis­ti­sche Bewe­gun­gen, die die FDGO infrage stellen.
  • Ein*e Verwaltungsbeamte*r ver­wei­gert eine Anwei­sung, die gegen demo­kra­ti­sche Grund­sätze ver­stößt (Remons­tra­ti­ons­pflicht).
  • Ein*e Polizist*in mel­det intern, wenn Kolleg*innen extre­mis­ti­sche Posi­tio­nen vertreten.

❌ Nicht erlaubt

  • Teil­nahme an ver­fas­sungs­feind­li­chen Aktionen.
  • Poli­ti­sche Struk­tu­ren för­dern, die die FDGO abschaf­fen wollen.
  • Ver­fas­sungs­wid­rige For­de­run­gen unter­stüt­zen oder verharmlosen.

Bei­spiele:

  • Ein*e Beamter*in enga­giert sich aktiv in einer Orga­ni­sa­tion, die vom Ver­fas­sungs­schutz als ver­fas­sungs­feind­lich, z.B. als gesi­chert rechts­extrem, ein­ge­stuft und ver­bo­ten wurde.
  • Ein*e Lehrer*in ver­brei­tet Ver­schwö­rungs­theo­rien, die demo­kra­ti­sche Struk­tu­ren delegitimieren.
  • Ein*e Verwaltungsmitarbeiter*in macht Wahl­kampf für eine Par­tei, die gegen die FDGO agitiert.

Check­liste Span­nungs­feld Ver­fas­sungs­treue und Neutralitätspflicht

💡 Kern­bot­schaf­ten:

  • Ver­fas­sungs­treue ist das Fun­da­ment des öffent­li­chen Dienstes.
  • Beamt*innen sind keine neu­tra­len „Zuschauer*innen“, son­dern müs­sen aktiv für Demo­kra­tie und Rechts­staat einstehen.
  • Die Neu­tra­li­täts­pflicht dient der Gleich­be­hand­lung aller Par­teien durch Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tende, ent­bin­det aber nicht von der Pflicht, sich gegen ver­fas­sungs­feind­li­che Bestre­bun­gen zu positionieren.

Neu­tra­li­täts­pflicht (siehe Check­liste Neutralitätspflicht)

  • Beamt*innen 
    • dür­fen keine par­tei­po­li­ti­sche Stel­lung­nahme im Dienst abgeben.
    • müs­sen ihre Ent­schei­dun­gen am Sach­lich­keits­ge­bot und Will­kür­ver­bot aus­rich­ten und alle Bürger*innen nach dem Gleich­heits­grund­satz behandeln
  • Gilt grund­sätz­lich gegen­über allen Par­teien, solange sie nicht ver­bo­ten sind. 

‼️ ABER: Ver­fas­sungs­treue geht vor!!! (vgl. Check­liste Verfassungstreue)

  • Kri­tik an ver­fas­sungs­wid­ri­gen Posi­tio­nen ist erlaubt und notwendig.
  • Nicht erlaubt ist es aber, als Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tende in offi­zi­el­ler Funk­tion eine Par­tei zu diffamieren.
  • Trenn­li­nie: Sach­li­che Kri­tik an ver­fas­sungs­wid­ri­gen Posi­tio­nen ≠ Will­kür und poli­ti­sche Parteinahme.

ℹ️ Recht­spre­chung:

Wir haben einige inter­es­sante Ent­schei­dun­gen zur Ver­an­schau­li­chung der Pro­ble­ma­tik zusam­men­ge­tra­gen. Natür­lich lan­den nur die wenigs­ten Fälle am Ende vor Gericht. Aus der Gesamt­schau ergab sich auch, dass die Urteile sich zumeist mit Aus­sa­gen hoch­ran­gi­ger Amtsträger*innen bzw. poli­ti­scher Beamt*innen (Regie­rungs­mit­glie­der, Ministerpräsident*innen…) beschäf­tig­ten. Je höher die Auto­ri­tät des Amtes, desto stär­ker ist aber auch die Bin­dung an die Neu­tra­li­täts­pflicht. An den fol­gen­den Bei­spie­len zeigt sich, dass auch Amtsträger*innen unter Beach­tung bestimm­ter Grund­sätze durch­aus Hal­tung zei­gen dür­fen und sol­len. Nach der neu­er­li­chen Ein­stu­fung der AfD als “gesi­chert rechts­extrem” durch den Ver­fas­sungs­schutz, wer­den sich die Gerichte wohl wei­ter­hin mit dem Thema aus­ein­an­der­set­zen. Ins­be­son­dere das Urteil zuguns­ten von Malu Dreyer erkennt in den Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­ten einen rele­van­ten Maß­stab für die Sach­lich­keit einer Aus­sage, der bei der Bewer­tung amt­li­cher Äuße­run­gen zu berück­sich­ti­gen ist. Hier­ge­gen hat die AfD übri­gens Ver­fas­sungs­be­schwerde erho­ben – diese Ent­schei­dung wird rich­tungs­wei­send sein.

VerfGH RLP, Urteil vom 2. April 2025, VGH O 11/24: Der Auf­ruf zu “Demos gegen Rechts” auf dem Inter­net­por­tal des Lan­des und AfD-kri­­ti­­sche Äuße­run­gen auf dem Insta­­gram-Account der dama­li­gen Minis­ter­prä­si­den­tin von Rhein­­land-Pfalz, Malu Dreyer, waren zwar nicht neu­tral im Sinne des Neu­tra­li­täts­ge­bot – jedoch gerecht­fer­tigt, da sie weder unsach­lich, noch will­kür­lich waren. Der VGH betont das Selbst­ver­ständ­nis des Lan­des als wehr­hafte Demo­kra­tie und dass die Ver­fas­sung in die­sem Sinne gerade nicht neu­tral gegen­über ihren Geg­nern sei. Die Ver­fas­sungs­or­gane seien ver­pflich­tet, für die Grund­sätze und Werte der Ver­fas­sung ein­zu­tre­ten und vor allem auch dazu befugt, sich mit ver­fas­sungs­feind­li­chen Par­teien zu befas­sen. Erst wenn die staat­li­chen Ein­schät­zun­gen und Bewer­tun­gen will­kür­lich oder unsach­lich wür­den, seien sol­che Äuße­run­gen unzu­läs­sig. Die darin ent­hal­te­nen Wer­tun­gen lie­ßen sich auf Reden von Mit­glie­dern der AfD im Bun­des­tag und die Fest­stel­lun­gen in den Ver­fas­sungs­schutz­be­rich­ten des Lan­des Rhein­­land-Pfalz aus den Jah­ren 2022 und 2023 stüt­zen. Außer­dem habe Dreyer die amt­li­chen Aus­sa­gen “erkenn­bar zum Schutz der frei­heit­li­chen demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung ver­öf­fent­licht”. Dif­fa­mie­rende oder dis­kri­mi­nie­rende Wer­tun­gen seien nicht enthalten.

OVG Nor­d­rhein-Wes­t­­fa­­len, Beschluss vom 05.10.2023 – 5 B 1085/23: Die Bun­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung durfte im Wahl-O-Mat zur baye­ri­schen Land­tags­wahl und auf ihrer Inter­net­seite dar­auf hin­wei­sen, dass die AfD vom baye­ri­schen Lan­des­amt für Ver­fas­sungs­schutz beob­ach­tet wurde, denn darin ist keine eigene Wer­tung enthalten.

VG Ans­bach, Beschl. v. 4.7.2024 – AN 4 E 24.1196, BeckRS 2024, 19007: Gel­tung des Gebots par­tei­po­li­ti­scher Neu­tra­li­tät für kom­mu­nale Amts­trä­ger: Bei poli­ti­schen Äuße­run­gen in sozia­len Medien kommt es bei der Ein­ord­nung als (zuläs­sige) pri­vate oder (unzu­läs­sige) amt­li­che Äuße­rung ins­be­son­dere dar­auf an, ob die sich äußernde Per­son selbst einen Bezug zu dem von ihr aus­ge­üb­ten Amt her­stellt. Im letz­te­ren Fall ist sie an das Neu­tra­li­täts­ge­bot gebunden.

OVG Müns­ter Beschl. v. 14.11.2022 – 15 B 893/22: Soweit der*die Inhaber*in eines öffent­li­chen Amtes am poli­ti­schen Mei­nungs­kampf zwi­schen den poli­ti­schen Par­teien teil­nimmt, muss er*sie zur Wah­rung der Chan­cen­gleich­heit der Par­teien jeden Rück­griff auf die mit dem Amt ver­bun­de­nen Mit­tel und Mög­lich­kei­ten unter­las­sen. Nimmt der*die Amtsinhaber*in für sein*ihr Han­deln die Auto­ri­tät des Amtes oder die damit ver­bun­de­nen Res­sour­cen in spe­zi­fi­scher Weise in Anspruch (hier z.B. durch Ver­öf­fent­li­chung eines Arti­kels auf der städ­ti­schen Inter­net­seite), ist die­ses Han­deln im Ver­hält­nis zu den poli­ti­schen Par­teien dem Neu­tra­li­täts­ge­bot unterworfen. 

BVerwG, Urt. v. 13.9.2017 – 10 C 6/16 (OVG Müns­ter): Die Befug­nis zu amt­li­chen Äuße­run­gen, die sich gegen eine nicht zu den poli­ti­schen Par­teien (Art. 21 GG) zäh­lende poli­ti­sche Grup­pie­rung rich­ten, fin­det ihre Grenze nicht in dem poli­ti­schen Par­teien gegen­über gel­ten­den Neu­tra­li­täts­ge­bot, wohl aber in dem für jedes staat­li­che Han­deln gel­ten­den Sach­lich­keits­ge­bot. Die­ses ver­langt, dass sich die amt­li­chen Äuße­run­gen am Gebot eines ratio­na­len und sach­li­chen Dis­kur­ses aus­rich­ten und auf eine len­kende Ein­fluss­nahme auf den Mei­nungs­bil­dungs­pro­zess der Bevöl­ke­rung ver­zich­ten. Vor­lie­gend hatte der Ober­bür­ger­meis­ter auf der städ­ti­schen Inter­net­seite anläss­lich einer Dügida-Demons­­tra­­tion dazu auf­ge­ru­fen, die Abend­be­leuch­tung aus­zu­schal­ten und an Gegen­de­mons­tra­tio­nen teilzunehmen.

➡️ Schluss­fol­ge­rung

Kri­tik an bestimm­ten For­de­run­gen oder Posi­tio­nen muss sach­lich und am Maß­stab des Grund­ge­set­zes for­mu­liert wer­den, um sowohl der Ver­fas­sungs­treue als auch der par­tei­po­li­ti­schen Neu­tra­li­täts­pflicht gerecht zu werden.

Check­liste Remons­tra­ti­ons­pflicht und ‑recht

Die Remons­tra­ti­ons­pflicht ver­pflich­tet Beamt*innen, Beden­ken gegen die Recht­mä­ßig­keit dienst­li­cher Anord­nun­gen unver­züg­lich bei ihren Vor­ge­setz­ten gel­tend zu machen. Diese Pflicht ist in § 36 Abs. 2 des Beam­ten­sta­tus­ge­set­zes (BeamtStG) und § 63 Abs. 2 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG) geregelt. 

💡 Kern­bot­schaft:

Die Remons­tra­tion schützt nicht nur die*den betroffene*n Beamt*in, son­dern auch den Staat und die Bürger*innen vor rechts­wid­ri­gem Ver­wal­tungs­han­deln. Für eine Remons­tra­tion genügt es, dass man einen Rechts­ver­stoß in einer Anwei­sung befürchtet.

Schutz der Rechtsstaatlichkeit:

  • Beamt*innen sind nicht ein­fach „Befehlsempfänger*innen“.
  • Die Remons­tra­ti­ons­pflicht ver­hin­dert, dass rechts­wid­rige Anord­nun­gen unre­flek­tiert umge­setzt werden.

Ver­ant­wor­tung für das Verwaltungshandeln:

  • Sie stellt sicher, dass Ver­wal­tungs­ent­schei­dun­gen auf ihre Recht­mä­ßig­keit geprüft werden.
  • Sie ermög­licht eine Kor­rek­tur rechts­wid­ri­ger Ent­schei­dun­gen inner­halb der Behörde.

Schutz der Beamt*innen:

  • Wer eine Remons­tra­tion durch­führt, ist von der Ver­ant­wor­tung für eine mög­li­che rechts­wid­rige Hand­lung befreit.
  • Das schützt vor Dis­zi­pli­nar­maß­nah­men und per­sön­li­cher Haftung.

✅ Remons­tra­tion umgesetzt

Bei­spiele:

  • Ille­gale Haushaltskürzungen
    • Eine Finanz­be­am­tin soll eine Kür­zung von För­der­mit­teln für soziale Pro­jekte anord­nen, obwohl sie weiß, dass dies ent­ge­gen der gesetz­li­chen Grund­lage der För­de­rung erfolgt. 
    • Remons­tra­tion: Sie mel­det ihre Beden­ken ihrer Vorgesetzten. 
    • Prü­fung: Die Behörde erkennt den Feh­ler und zieht die Anwei­sung zurück.
  • Poli­zei­ein­satz ohne Rechtsgrundlage 
    • Ein Poli­zei­be­am­ter erhält den Befehl, eine Demons­tra­tion auf­zu­lö­sen, obwohl keine Gefahr für die öffent­li­che Sicher­heit besteht. 
    • Remons­tra­tion: Der Beamte mel­det seine Zwei­fel an der Recht­mä­ßig­keit des Einsatzes.
    • Ergeb­nis: Die Behörde prüft den Ein­satz und zieht die Anwei­sung zurück.

❌ Remons­tra­tion unterlassen 

Bei­spiele:

  • Keine Remons­tra­tion – Disziplinarverfahren
    • Ein Beam­ter voll­zieht eine rechts­wid­rige Durch­su­chung, ohne seine Beden­ken zu äußern.
    • Remons­tra­tion ist nicht erfolgt. Spä­ter wird fest­ge­stellt, dass er hätte remons­trie­ren müssen.
    • Folge: Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren wegen Ver­let­zung der Dienstpflicht.

Check­liste Ablauf Remonstrationspflicht

Die Remons­tra­tion ist der erste Schritt, wenn Zwei­fel an der Recht­mä­ßig­keit einer Anwei­sung bestehen, das heißt: Juris­ti­sche Spe­zi­al­kennt­nisse sind nicht nötig.

Die Remons­tra­tion erfolgt in drei Stufen:

  1. Stufe: Erhe­bung der Beden­ken gegen­über der oder dem direk­ten Vorgesetzten
    • Der*die Beamt*in äußert Beden­ken gegen eine dienst­li­che Anordnung.
    • Dies muss unver­züg­lich erfol­gen und kann münd­lich oder schrift­lich geschehen.
    • Der*die Vor­ge­setzte prüft die Anord­nung erneut.
  2. Stufe: Wei­ter­lei­tung an die*den nächsthöhere*n Vorgesetzte*n 
    • Falls der*die unmit­tel­bare Vor­ge­setzte oder der unmit­tel­bare Vor­ge­setzte bei der Anord­nung bleibt, ist die nächst­hö­here Instanz zu informieren.
    • Diese prüft die Beden­ken erneut.
  3. Stufe: Bestä­ti­gung oder Auf­he­bung der Anordnung 
    • Wird die Anord­nung von der höhe­ren Instanz bestä­tigt, muss sie aus­ge­führt wer­den – es sei denn, sie ver­stößt gegen straf- oder ord­nungs­recht­li­che Vor­schrif­ten oder ver­letzt die Men­schen­würde. Ein Ver­stoß gegen die Men­schen­würde liegt auch dann vor, wenn durch die ange­wie­sene Amts­hand­lung Per­so­nen auf­grund von Geschlecht, Abstam­mung, Ras­sis­mus, Spra­che, Hei­mat und Her­kunft, Glau­ben, reli­giö­sen oder poli­ti­schen Anschau­un­gen oder Behin­de­rung benach­tei­ligt werden.
    • Der*die Beamt*in ist dann von der eige­nen Ver­ant­wor­tung befreit.

‼️ Aus­nahme:

Ver­stößt eine Anord­nung gegen die Men­schen­würde, ist sie ord­nungs­wid­rig oder straf­bar, darf sie nicht aus­ge­führt werden.
Aus die­sem Grund ist bei der For­mu­lie­rung zu beach­ten, dass man im Rah­men der Remons­tra­tion nur von “Beden­ken hin­sicht­lich der Recht­mä­ßig­keit” einer Maß­nahme spricht und nicht von “Über­zeu­gung hin­sicht­lich der Rechts­wid­rig­keit”. Sollte man sich nach Bestä­ti­gung der Anord­nung zu einer Befol­gung der Maß­nahme ent­schei­den und sich diese in einem von dem Betrof­fe­nen ange­streng­ten Gerichts­ver­fah­ren als rechts­wid­rig erwei­sen, könnte andern­falls aus der Remons­tra­tion auf Vor­satz und Unrechts­be­wusst­sein des*der aus­füh­ren­den Beamt*in geschlos­sen werden.

Bei­spiele

  • Ein Beam­ter im Gesund­heits­amt wird ange­wie­sen, Qua­ran­tä­ne­be­scheide ohne aus­rei­chende recht­li­che Grund­lage zu erlas­sen. Er mel­det dem Vor­ge­setz­ten, dass die Anord­nung rechts­wid­rig sein könnte, da die Bescheide nicht auf einer gesetz­li­chen Grund­lage beruhen.
  • Eine Beam­tin im Sozi­al­amt wird ange­wie­sen, einen Antrag auf Wohn­geld pau­schal abzu­leh­nen, obwohl die Antrags­un­ter­la­gen voll­stän­dig sind. Sie remons­triert, weil die Ableh­nung recht­lich nicht ver­tret­bar ist.

ℹ️ Recht­spre­chung (Bei­spiel):

Ver­stoß gegen Men­schen­würde: Poli­zei­füh­rer erteilt einem unter­ge­be­nen Poli­zei­be­am­ten die Wei­sung, einem drin­gend Tat­ver­däch­ti­gen zur Erzwin­gung einer Aus­sage mit der Bei­brin­gung kör­per­li­cher Schmer­zen und somit Fol­ter zu dro­hen (sog. „Dasch­­ner-Fall“, LG Frank­furt a. M. NJW 2005, 692).

Check­liste Rechts­wege, um eigene Rechte zu wah­ren und rechts­wid­ri­ges Ver­wal­tungs­han­deln zu verhindern

  1. Remons­tra­tion (§ 63 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG)) 

Siehe Check­liste Remons­tra­ti­ons­pflicht und Check­liste Ablauf Remonstration.

  1. Anru­fung des Personalrats

Der Per­so­nal­rat kann ein­ge­schal­tet wer­den, wenn die Anwei­sung als rechts­wid­rig erach­tet wird oder Beamt*innen sich durch die Anord­nung benach­tei­ligt füh­len. Der Per­so­nal­rat kann ver­mit­teln oder den Fall überprüfen.

  • Bei­spiel: Ein Poli­zei­be­am­ter wird ange­wie­sen, bei einer Demons­tra­tion unver­hält­nis­mä­ßige Maß­nah­men wie den Ein­satz von Schlag­stö­cken gegen fried­li­che Demons­trie­rende durch­zu­füh­ren. Er infor­miert den Per­so­nal­rat, der die Recht­mä­ßig­keit der Anwei­sung hin­ter­fragt und eine Ver­mitt­lung anregt.

Dienst­weg­prin­zip und der Per­so­nal­rat: Der Kon­takt mit dem Per­so­nal­rat ist vom Dienst­weg­prin­zip aus­ge­nom­men. Beamt*innen dür­fen sich direkt und ohne Zustim­mung der Vor­ge­setz­ten an den Per­so­nal­rat wen­den. Der Per­so­nal­rat ist als unab­hän­gi­ges Organ der Per­so­nal­ver­tre­tung kon­zi­piert und unter­liegt der Ver­schwie­gen­heit. Dies schützt Beamt*innen vor mög­li­chen Repres­sa­lien und ermög­licht eine direkte Klä­rung von Kon­flik­ten oder recht­li­chen Bedenken.

  1. Dienstaufsichtsbeschwerde

Mit einer Dienst­auf­sichts­be­schwerde (keine recht­lich bin­dende Wir­kung) kön­nen Beamt*innen die über­ge­ord­nete Stelle auf­for­dern, das Ver­hal­ten der*des Vor­ge­setz­ten oder die Anord­nung zu über­prü­fen. Die Beschwerde ist form­los und hat keine Frist.

  • Bei­spiel: Ein Beam­ter im Bau­amt wird ange­wie­sen, bei einer öffent­li­chen Aus­schrei­bung bestimmte Unter­neh­men zu bevor­zu­gen, was gegen das Ver­ga­be­recht ver­stößt. Er reicht eine Dienst­auf­sichts­be­schwerde bei der über­ge­ord­ne­ten Behörde ein, um die Anwei­sung prü­fen zu lassen.
  1. Fach­auf­sichts­be­schwerde

Mit der Fach­auf­sichts­be­schwerde bean­stan­den Beamt*innen die fach­li­che Rich­tig­keit der Anwei­sung und for­dern eine Prü­fung durch die über­ge­ord­nete Fachbehörde.

  • Bei­spiel: Eine Beam­tin in einer Natur­schutz­be­hörde wird ange­wie­sen, eine Bau­ge­neh­mi­gung zu ertei­len, obwohl das Bau­vor­ha­ben ein Natur­schutz­ge­biet beein­träch­ti­gen würde. Sie erhebt eine Fach­auf­sichts­be­schwerde, da sie die Anwei­sung für fach­lich unver­tret­bar hält.
  1. Interne und externe Mel­de­stel­len nach dem Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz (HinSchG) 

Siehe Check­liste Hinweisgeberschutzgesetz.

  1. Wider­spruch (§ 68 VwGO)

Wenn eine Anwei­sung das Dienst­ver­hält­nis der Beamt*innen selbst betrifft, kön­nen sie vor einer Klage in vie­len Fäl­len Wider­spruch einlegen.

  • Bei­spiel: Ein Beam­ter wird ver­setzt, ohne dass die Ver­set­zung den gesetz­li­chen Anfor­de­run­gen ent­spricht (z. B. keine sach­li­che Begrün­dung). Der Beamte legt Wider­spruch ein, weil er sich in sei­nen beam­ten­recht­li­chen Rech­ten ver­letzt sieht.
  • Rechts­wir­kung: Der Wider­spruch kann die Anord­nung auf­schie­ben (soge­nannte “auf­schie­bende Wir­kung”), es sei denn, die Anwei­sung wird aus­drück­lich für sofort voll­zieh­bar erklärt.
  1. Klage vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt (§ 40 VwGO)
  • Wenn der Wider­spruch erfolg­los bleibt oder keine Wider­spruchs­mög­lich­keit besteht, kön­nen Beamt*innen Klage vor dem Ver­wal­tungs­ge­richt erhe­ben. Die Klage rich­tet sich gegen die Anord­nung, die als rechts­wid­rig ange­se­hen wird.
  • Einst­wei­li­ger Rechts­schutz: Wenn die Anwei­sung sofort voll­zo­gen wer­den soll, kön­nen Beamt*innen zusätz­lich einen Antrag auf einst­wei­li­gen Rechts­schutz beim Ver­wal­tungs­ge­richt stel­len, um die Aus­füh­rung vor­über­ge­hend auszusetzen.
  1. Straf­an­zeige oder Mel­dung an Strafverfolgungsbehörden

Falls die Anord­nung straf­bar ist oder auf ein straf­ba­res Ver­hal­ten abzielt, müs­sen Beamt*innen die Aus­füh­rung ver­wei­gern (siehe Remons­tra­tion) und kön­nen unter bestimm­ten Umstän­den eine Straf­an­zeige bei der Poli­zei oder Staats­an­walt­schaft stel­len, wenn sie damit nicht ihre Amts­ver­schwie­gen­heit rechts­wid­rig bre­chen. Die Pflicht zur Amts­ver­schwie­gen­heit tritt in fol­gen­den Fäl­len zurück:

  • Straf­ta­ten gemäß § 138 StGB: Beamt*innen sind ver­pflich­tet, geplante Straf­ta­ten wie Hoch­ver­rat, Mord oder Raub anzu­zei­gen. Ein Unter­las­sen die­ser Anzeige stellt selbst eine Straf­tat dar.
  • Kor­rup­ti­ons­straf­ta­ten (§§ 331–337 StGB): Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tende müs­sen Bestechung oder Bestech­lich­keit im Amt mel­den, da diese Straf­ta­ten das Ver­trauen in die öffent­li­che Ver­wal­tung erheb­lich beeinträchtigen.

Füh­rungs­kräfte:

  • Garan­ten­stel­lung: Eine beson­dere Rolle haben Vor­ge­setzte, die auf­grund ihrer Posi­tion eine Auf­sichts­pflicht gegen­über ihren Mitarbeiter*innen haben. Sie sind ver­pflich­tet, rechts­wid­ri­ges Ver­hal­ten zu ver­hin­dern oder anzu­zei­gen, da sie ansons­ten selbst straf­recht­lich belangt wer­den können.
  • Bei­spiel zur Garan­ten­stel­lung: Ein Poli­zei­di­rek­tor erfährt, dass in sei­ner Behörde sys­te­ma­tisch rechts­wid­rige Über­griffe auf fest­ge­nom­mene Per­so­nen statt­fin­den. Auf­grund sei­ner Garan­ten­stel­lung ist er ver­pflich­tet, sol­che Vor­gänge zu ver­hin­dern oder zur Anzeige zu brin­gen. Ein Unter­las­sen könnte er sich wegen Straf­ver­ei­te­lung im Amt (§ 258a StGB) und  Kör­per­ver­let­zung durch Unter­las­sen (§§ 223, 13 StGB) straf­bar machen.

Sollte eine Straf­tat nicht unter die Aus­nah­men fal­len, bleibt immer noch die Mög­lich­keit, sie an eine Mel­de­stelle nach dem Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz zu mel­den (siehe 5. Meldestellen)

  1. Dienst­weg­prin­zip und Ausnahmen

Das Dienst­weg­prin­zip ver­pflich­tet Beamt*innen, dienst­li­che Ange­le­gen­hei­ten grund­sätz­lich über die zustän­di­gen Vor­ge­setz­ten und Hier­ar­chien zu regeln. Es dient dazu, klare Ver­ant­wort­lich­kei­ten und geord­nete Abläufe in der Ver­wal­tung sicherzustellen.

  • Aus­nah­men vom Dienstwegprinzip:
    • Straf­ta­ten gemäß § 138 StGB: Wenn Beamt*innen von geplan­ten Straf­ta­ten wie Hoch­ver­rat, Mord oder Raub erfah­ren, sind sie ver­pflich­tet, dies direkt den Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den zu mel­den, unab­hän­gig von den inner­be­hörd­li­chen Hierarchien.
    • Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz (HinSchG): Ver­stöße gegen gel­ten­des Recht kön­nen anonym oder nicht anonym über interne oder externe Mel­de­stel­len ange­zeigt wer­den, ohne den Dienst­weg einzuhalten.
    • Ver­fas­sungs­wid­rige Anwei­sun­gen: Bei Anwei­sun­gen, die offen­sicht­lich gegen die Ver­fas­sung oder die Grund­rechte ver­sto­ßen, sind Beamt*innen berech­tigt, sich direkt an zustän­dige Stel­len oder sogar Gerichte zu wenden.

ℹ️ Prak­ti­sche Hinweise:

  • Remons­tra­tion als ers­ter Schritt: Beamt*innen soll­ten ihre Ver­ant­wor­tung nach § 63 BBG ernst neh­men, um sich selbst vor recht­li­chen Kon­se­quen­zen zu schützen.
  • Interne Beschwer­de­wege nut­zen: Per­so­nal­rat, Dienst- oder Fach­auf­sichts­be­schwer­den kön­nen hel­fen, Kon­flikte ohne gericht­li­che Aus­ein­an­der­set­zung zu lösen.
  • Wider­spruch und Kla­ge­prü­fung: Bei schwer­wie­gen­den Rechts­ver­let­zun­gen sind Wider­spruch und ggf. Klage zielführend.
  • Interne Mel­de­stel­len ver­wen­den: Hin­weis­ge­ber­schutz bie­tet eine neue Alter­na­tive zur Offen­le­gung von Vergehen.
  • Straf­bare Anord­nun­gen: In bestimm­ten Fäl­len ist die Mel­dung an Straf­ver­fol­gungs­be­hör­den erforderlich.
  • Um sich selbst zu schüt­zen: Den­ken Sie bei allen Schrit­ten an das Dienst­weg­prin­zip und die Amts­ver­schwie­gen­heit. Prü­fen Sie sorg­fäl­tig, ob eine Aus­nahme in Ihrem Fall vorliegt.

Check­liste Hinweisgeberschutzgesetz

Das Pro­jekt Mach Mel­dung! hat eine aus­führ­li­che Hand­rei­chung für den Ablauf für Hinweisgeber*innen bei der Poli­zei erstellt. Diese fin­det ihr hier.

Check­liste Gegenrechtsschutz

Der Gegen­rechts­schutz ist ein gemein­sa­mes Pro­jekt von Frag­Den­Staat, der Gesell­schaft für Frei­heits­rechte und dem Verfassungsblog.

Der Gegen­rechts­schutz unter­stützt Betrof­fene von rechts­miss­bräuch­li­chen Maß­nah­men öffent­li­cher oder pri­va­ter Stel­len. Damit unter­stützt er Bürger*innen, aber gerade auch Beamt*innen und Ver­wal­tungs­an­ge­stellte. Bei­spiele für sol­che miss­bräuch­li­chen Maß­nah­men sind vielfältig: 

  • Eine Beför­de­rung im Amt scheint par­tei­po­li­tisch motiviert.
  • Ein Land­rat äußert sich diskriminierend.
  • Eine Beam­tin erhält die Wei­sung, die För­de­rung eines Kul­tur­zen­trums ohne Rechts­grund­lage einzustellen.
  • Dem geflüch­te­ten Kind wird ein Kin­der­gar­ten­platz verwehrt. 
  • Die Behörde ver­bie­tet die anti­fa­schis­ti­sche Demo.

Der Gegen­rechts­schutz setzt sich zur Wehr gegen auto­ri­täre Bestre­bun­gen, die den Rechts­staat miss­brau­chen sowie das Bedrän­gen der Zivil­ge­sell­schaft durch Abmah­nun­gen. Dabei baut er ein Netz­werk zwi­schen zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tio­nen, Betrof­fe­nen und Anwält*innen auf.

In jedem Ein­zel­fall kommt es dar­auf an, dass Betrof­fene den Rechts­staat in Anspruch neh­men und sich gegen sol­che Maß­nah­men zur Wehr set­zen. Das Prozedere: 

  1. Betrof­fene kön­nen sich per E‑Mail melden.
  2. Der Gegen­rechts­schutz prüft, ob er den Fall nach sei­nen För­der­richt­li­nien unter­stüt­zen kann: https://gegenrechtsschutz.de/foerderrichtlinien#2‑foerdervoraussetzungen
  3. In geeig­ne­ten Fäl­len ver­mit­telt der Gegen­rechts­schutz spe­zia­li­sierte Anwält*innen und finan­ziert die anwalt­li­chen Kos­ten und das Gerichtsverfahren.

Check­liste Frag­Den­Staat berät

Ob rechts­wid­rige Wei­sun­gen, das Ver­nich­ten wich­ti­ger Akten oder kor­rup­ti­ves Ver­hal­ten – pro­ble­ma­ti­sche Hand­lun­gen auf Lei­tungs­ebene staat­li­cher Behör­den oder ande­rer Orga­ni­sa­tio­nen müs­sen weder akzep­tiert noch durch eigene Hand­lun­gen unter­stützt werden. 

Egal ob die Wei­sung gesi­chert ver­fas­sungs­wid­rig ist oder erst ein­mal nur ein schlech­tes Bauch­ge­fühl besteht: FDS bie­tet im Inter­esse des Gemein­wohls eine Bera­tung für Ein­zel­per­so­nen und Orga­ni­sa­tio­nen an, um sich der Lei­tungs­ebene ent­ge­gen­stel­len zu können.

Die Bera­tung erfolgt all­ge­mein und stra­te­gisch, um für hypo­the­ti­sche Kri­sen gewapp­net zu sein oder im aku­ten Ernst­fall. Dabei unter­stützt FDS ein­zelne Beamt*innen genauso wie Ange­stellte in ande­ren Orga­ni­sa­tio­nen, in denen auto­ri­täre Kräfte ihre Macht ver­fas­sungs­wid­rig ein­set­zen. Auch anonym und streng vertraulich.

Mit juris­ti­scher und poli­ti­scher Exper­tise und einem brei­tem Netz­werk von Kooperationsanwält*innen hilft FDS dabei, umsetz­bare und sichere Wege zu fin­den, um sich demo­kra­tie­ge­fähr­den­den Miss­stän­den ent­ge­gen zu stel­len, zum Bei­spiel durch: 

  • IFG-Anfra­­gen von exter­nen Akteur*innen
  • Interne und externe Meldestellen
  • Whist­le­b­lo­wing und Her­aus­gabe von Dokumenten
  • Remons­tra­tion und Ver­hal­ten gegen­über anti­de­mo­kra­ti­schen Akteur*innen
  • Dienst nach Vor­schrift und Bummelstreik

Kon­takt (sicher und anonym):

Über die Platt­form https://fragdenstaat.de/kontakt/share/ kannst du sicher und anonym Infor­ma­tio­nen tei­len und ohne Anga­ben von Kon­takt­da­ten mit Frag­Den­Staat in Kon­takt treten.

Recht­li­che Grundlagen

Rechte und Pflich­ten kön­nen je nach Sta­tus – Beamt*innen, poli­ti­sche Beamt*innen oder Tarif­be­schäf­tigte – unter­schied­lich aus­ge­stal­tet sein. Unter­schiede wer­den im Erste-Hilfe-Kit jeweils kennt­lich gemacht. Die Grund­prin­zi­pien der Ver­fas­sungs­treue und der Schutz der demo­kra­ti­schen Ord­nung gel­ten für alle. Im Fol­gen­den erhal­tet ihr einen Über­blick über wich­tige recht­li­che Instru­mente für die wehr­hafte Demokratie.

1. Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz

Das Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz (HinSchG) schützt Beschäf­tigte, die auf rechts­wid­ri­ges Ver­hal­ten in ihrer Behörde hin­wei­sen. Geschützt sind neben den Ver­wal­tungs­an­ge­stell­ten auch aus­drück­lich Beamt*innen (s.§ 3 Abs. 8 Nr. 3 HinSchG). Es sieht ver­pflich­tend die Ein­rich­tung inter­ner und exter­ner Mel­de­stel­len vor.  An diese kann rechts­wid­ri­ges Ver­hal­ten im Sinne des Geset­zes (§ 2 HinSchG), ins­be­son­dere Straf­ta­ten, gemel­det wer­den. Das Gesetz regelt: 

  • Schutz vor Repres­sa­lien: Hinweisgeber*innen dür­fen nicht benach­tei­ligt wer­den, bspw. ver­setzt oder gekün­digt, weil sie eine Mel­dung abge­ge­ben haben (§ 36 HinSchG).
  • Ver­trau­lich­keit: Mel­de­stel­len sind ver­pflich­tet, die Iden­ti­tät der Hinweisgeber*innen zu schüt­zen (§ 8 HinSchG).
  • Beweis­erleich­te­rung: Wird eine Benach­tei­li­gung auf­grund einer Mel­dung ver­mu­tet, muss die Behörde nach­wei­sen, dass diese nicht im Zusam­men­hang mit der Mel­dung steht (§ 36 Abs. 2 HinSchG).
  • Wahl­mög­lich­keit: Die mel­dende Per­son darf selbst ent­schei­den, ob sie sich an die interne oder externe Mel­de­stelle wendet. 
  • Dienst­weg­prin­zip und Amts­ver­schwie­gen­heit: Aus­drück­lich sind Mel­dun­gen nach dem Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz von die­sen Dienst­pflich­ten ausgenommen.

Der Anwen­dungs­be­reich des Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­set­zes ist beschränkt, daher ist zu prü­fen, ob die kon­krete Infor­ma­tion, die wei­ter­ge­ge­ben soll, vom Schutz umfasst ist. Ver­schluss­sa­chen und Geheim­dienst­un­ter­la­gen sind z.B. nicht vom Schutz umfasst. Viele Medien stel­len anonyme Brief­käs­ten zur Ver­fü­gung (z.B. https://fragdenstaat.de/kontakt/share/ ODER https://correctiv-upload.org/).

2. Remons­tra­ti­ons­pflicht

Beamt*innen sind nicht nur berech­tigt, son­dern ver­pflich­tet, einer rechts­wid­ri­gen Wei­sung zu wider­spre­chen (§ 36 Beam­ten­sta­tus­ge­setz (BeamtStG), § 63 Bun­des­be­am­ten­ge­setz (BBG)). 

  • Pflicht zur Remons­tra­tion: Wenn eine Wei­sung gegen Gesetze ver­stößt, muss der*die Beam­tin diese gegen­über dem*der Vor­ge­setz­ten – und bei Auf­recht­erhal­tung der Wei­sung gegen­über dem höher­ste­hen­den Vor­ge­setz­ten – beanstanden.
  • Ver­ant­wor­tungs­über­tra­gung: Bestä­tigt die vor­ge­setzte Per­son die Wei­sung, muss sie die volle Ver­ant­wor­tung über­neh­men – der*die Beamt*in ist dann von der Haf­tung befreit (§ 36 Abs. 2 BeamtStG). Die Bestä­ti­gung kann schrift­lich ver­langt werden! 
  • Ver­ant­wort­lich­keit bei Unter­las­sen: Führt der*die Beamt*in eine offen­kun­dig rechts­wid­rige Wei­sung ohne Wider­spruch aus, kann sie*er per­sön­lich haft­bar gemacht wer­den (§ 36 Abs. 1 BeamtStG, § 63 Abs. 1 BBG).
  • Wei­sun­gen mit straf­ba­ren Inhal­ten: Bei Anwei­sun­gen, die erkenn­bar straf­recht­lich oder ord­nungs­recht­lich rele­vant sind oder gegen die Men­schen­würde ver­sto­ßen, darf die Wei­sung auch nach Bestä­ti­gung nicht befolgt wer­den (§ 63 Abs. 2 BBG, 36 Abs. 2 BeamtStG). Ein Ver­stoß gegen die Men­schen­würde liegt auch dann vor, wenn durch die ange­wie­sene Amts­hand­lung Per­so­nen auf­grund von Geschlecht, Abstam­mung, Rasse, Spra­che, Hei­mat und Her­kunft, Glau­ben, reli­giö­sen oder poli­ti­schen Anschau­un­gen oder Behin­de­rung benach­tei­ligt werden.

Im Gegen­satz zu Beamt*innen unter­lie­gen Ange­stellte im öffent­li­chen Dienst nicht der Remons­tra­ti­ons­pflicht. Den­noch haben auch sie arbeits­recht­li­che Schutz­me­cha­nis­men und Pflich­ten, die sich aus dem Grund­satz von Treu und Glau­ben (§ 242 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB)) sowie aus spe­zi­al­ge­setz­li­chen Rege­lun­gen ergeben.

  • Pflicht zur loya­len Dienst­aus­übung: Ange­stellte sind ver­pflich­tet, ihre Arbeits­leis­tung ver­trags­ge­mäß und nach den Grund­sät­zen der Rechts­staat­lich­keit zu erbrin­gen. Eine Wei­sung, die gegen gel­ten­des Recht ver­stößt, muss grund­sätz­lich nicht befolgt wer­den (§ 106 Gewer­be­ord­nung (GewO)).
  • Zumut­bar­keit und Wei­sungs­recht: Eine Anwei­sung muss recht­mä­ßig und zumut­bar sein. Ist sie rechts­wid­rig oder unzu­mut­bar, kön­nen Ange­stellte sie ableh­nen. Eine Pflicht dazu besteht aber nicht. Bei einer Ableh­nung tra­gen die Ange­stell­ten selbst das Risiko, zum Bei­spiel für arbeits­recht­li­che Kon­se­quen­zen, sollte ein Gericht die Maß­nahme doch für recht­mä­ßig und zumut­bar hal­ten. Um die­ses Risiko zu ver­mei­den, kann eine Ange­stellte die Wei­sung auch unter Vor­be­halt befol­gen und par­al­lel gericht­lich die Fest­stel­lung der Rechtswidrigkeit/Unbilligkeit verfolgen. 
  • Wei­tere Reak­ti­ons­mög­lich­kei­ten sind:
    • prü­fen, ob eine Pflicht zur Ableh­nung einer rechts­wid­ri­gen Anwei­sung aus ande­ren Grün­den, z.B. auf­grund von Straf­ge­set­zen, besteht.
    • über interne Beschwer­de­me­cha­nis­men (z. B. Per­so­nal­rat, Vor­ge­setzte, Anti­dis­kri­mi­nie­rungs­be­auf­tragte) auf pro­ble­ma­ti­sche Wei­sun­gen hinweisen,
    • bei schwer­wie­gen­den Fäl­len Mel­dung an externe Stel­len nach dem Hin­weis­ge­ber­schutz­ge­setz (HinSchG) machen.

3. Grund­rechte und dienst­li­che Pflichten

Beamt*innen sind auch im Dienst Grundrechtsträger*innen, müs­sen dabei aber die beson­de­ren Pflich­ten ihres Amtes beachten. 

Bei Amts­aus­füh­rung (bspw. bei Erlass eines Ver­wal­tungs­akts) kann sich nicht auf Grund­rechte beru­fen wer­den – denn beim Han­deln in amt­li­cher Funk­tion sind Beamt*innen nicht Träger*innen sub­jek­ti­ver Rechte, son­dern Aus­übende staat­li­cher Gewalt im Sinne von Art. 1 Abs. 3 GG. Hier­bei sind sie durch die Grund­rechte ande­rer (z.B. der Adres­sa­ten des Ver­wal­tungs­akts) gebunden.

Inwie­weit Grund­rechte von Beamt*innen in einer Situa­tion ein­ge­schränkt sind, hängt damit von den kon­kre­ten Umstän­den ab:

  • Pri­va­ter Bereich: Grund­rechte (z. B. Mei­nungs­frei­heit, Art. 5 GG) gel­ten grund­sätz­lich unein­ge­schränkt. Ein­schrän­kun­gen bestehen nur durch das Mäßi­gungs­ge­bot und die Pflicht zur Ver­fas­sungs­treue für Beamt*innen, die auch im Pri­vat­be­reich nicht miss­ach­tet wer­den dürfen.

→ Pflicht zur Ver­fas­sungs­treue: Beamt*innen müs­sen sich auch pri­vat so ver­hal­ten, dass kein Zwei­fel an ihrer Loya­li­tät zur frei­hei­t­­lich-demo­­kra­­ti­­schen Grund­ord­nung ent­steht (§ 33 Abs. 1 BeamtStG, § 60 Abs. 1 S. 3 BBG).

  • Dienst­li­cher Bereich: Hier gel­ten alle Dienst­pflich­ten. Vor allem par­tei­po­li­ti­sche Akti­vi­tä­ten dür­fen auf­grund des Neu­tra­li­täts­ge­bots nicht wäh­rend der Dienst­zeit oder unter Nut­zung dienst­li­cher Res­sour­cen erfol­gen. Aller­dings ist im Innen­ver­hält­nis zum Dienst­herrn eine Beru­fung auf Grund­rechte mög­lich; hier erfolgt unter Umstän­den eine Abwä­gung zwi­schen Grund­rech­ten und beam­ten­recht­li­cher Pflicht. 

Für Ange­stellte im öffent­li­chen Dienst gel­ten weni­ger strikte Vor­ga­ben, aber auch sie dür­fen sich dienst­lich nicht par­tei­po­li­tisch betä­ti­gen und müs­sen im Rah­men ihres Arbeits­ver­hält­nis­ses rechts­staat­li­che Prin­zi­pien ach­ten (z. B. Pflicht zur par­tei­po­li­ti­schen Neu­tra­li­tät im Dienst, Beach­tung arbeits­recht­li­cher Loya­li­täts­pflich­ten, keine Nut­zung dienst­li­cher Res­sour­cen für Parteizwecke).

Kon­takte und Ressourcen

Die fol­gen­den Kon­takte und Res­sour­cen bie­ten eine erste Ori­en­tie­rung und Unter­stüt­zung. Sie stel­len eine Aus­wahl dar, die je nach Situa­tion, Ver­wal­tungs­ebene und indi­vi­du­el­lem Bedarf ergänzt und erwei­tert wer­den kann. Vor­schläge kön­nen per info@verwaltung-fuer-demokratie.de gemacht werden.

Anlauf­stel­len

  • Mel­de­stel­len für Hinweisgebende
  • Per­so­nal­räte und Vertrauenspersonen
  • Gewerk­schaf­ten und Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen (mit Vor­be­halt bzgl. poli­ti­scher Tendenzen)
  • Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tio­nen
  • Ver­wal­tung für Demo­kra­tie e.V. (www.verwaltung-fuer-demokratie.de )
  • Gegen­rechts­schutz (https://gegenrechtsschutz.de/)
  • Frag­Den­Staat berät (https://fragdenstaat.de/kontakt/beratung/)
  • Anwalts­kanz­leien
  • wei­tere zivil­ge­sell­schaft­li­che Organisationen

Wei­ter­füh­rende Ressourcen

Macht mit!

Kon­takte und Mate­ria­lien kön­nen erste Weg­wei­ser sein – doch der ent­schei­dende Schritt bleibt, das eigene Wis­sen und die eigene Hal­tung aktiv ein­zu­brin­gen, um die demo­kra­ti­sche Stärke der Ver­wal­tung leben­dig zu halten.

Eine funk­tio­nie­rende und demo­kra­ti­sche Ver­wal­tung ist ein zen­tra­ler Bau­stein unse­res Rechts­staats. Um ihre Wehr­haf­tig­keit zu sichern, müs­sen Ver­wal­tungs­mit­ar­bei­tende ihre Hand­lungs­spiel­räume ken­nen und nut­zen kön­nen. Mit die­sem Erste-Hilfe-Kit sol­len sie Unter­stüt­zung und Ori­en­tie­rung erhal­ten, um sich aktiv für demo­kra­ti­sche Prin­zi­pien ein­zu­set­zen und gleich­zei­tig ihre eigene Posi­tion zu schützen.

Gemein­sam stär­ken wir eine Ver­wal­tung, die nicht nur funk­tio­niert, son­dern auch demo­kra­ti­sche Werte stärkt und fördert!

Kon­takt

Bei Fra­gen zur Mit­glied­schaft, zu unse­ren Pro­jek­ten oder zum Ver­ein „Ver­wal­tung für Demo­kra­tie“ ste­hen wir dir gerne zur Ver­fü­gung. Dafür nutze gerne unser Kon­takt­for­mu­lar. Dei­nen Mit­glieds­an­trag kannst Du direkt hier stellen.

    Fel­der mit * sind Pflichtfelder.